Motivationsbücher - Las Vegas 2

1998 habe ich meine erste Arbeit über die Zukunft des Arbeitsmarktes geschrieben. Unter der Überschrift "Unterwegs nach LasVegas?" habe ich am Beispiel des Hotel "Luxor" in Las Vegas den amerikanischen Arbeitsmarkt untersucht, insbesondere den Dienstleistungssektor. Im späteren Verlauf der Arbeit habe ich dann diese Untersuchungen auf den deutschen Arbeitsmarkt übertragen. Hier nun ein zweiter Ausschnitt:

Wenn nun ein ganzes Volk damit konfrontiert wird, es zu packen, wenn man nur will, dann führt das bei aller Verwirrung in Deutschland bisher nur zu einem Ergebnis: Einen Millionenmarkt für Bücher, die das positive Denken versprechen. Sie heißen „Sorge dich nicht - lebe!“, „Emotionale Intelligenz“ oder „Denke positiv“, und führen derzeit alle Bestsellerlisten des Buchhandels an.

Inzwischen klagen die Psychotherapeuten in Deutschland, dass ihre Praxen voll sind mit Leuten, die das positive Denken versuchen, aber an der Realität ihres Lebens kläglich scheitern.

In Amerika heißt „Positiv Denken“ nicht, die Realität durch eine rosarote Brille zu sehen, sondern immer die Lösung zu suchen, sei die Situation auch noch so verfahren. Positives Denken wird daher auch oft als „Möglichkeitsdenken“ bezeichnet.

Die Psychologen in Deutschland beklagen, dass das „Gesetz der entgegengesetzten Wirkung“ bei der Lektüre von solchen Motivations- Büchern vergessen wird. Wenn man etwas vermeiden will, dann tritt es ein. Wer also Wut, Trauer und Ärger nach diesen Regeln vermeiden will, empfindet sie bei einem Verlust des Arbeitsplatzes umso mehr.

 

Erinnern wir uns an George Santi aus dem Luxor- Hotel. Er ist gelernter Chemiker und kann tapezieren, Möbel lackieren und Antiquitäten restaurieren. Damit kann er sich scheinbar sicher auf dem glatten Parkett des neuen, flexiblen Arbeitsmarktes bewegen.

Hier zählt nicht mehr, ob die Arbeit in einem sinnvollen Bezug zum Leben oder zur Ausbildung steht. Die Jagd nach dem Prestige einer Arbeit findet ihre Erfüllung schon im Job an sich.

Auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt wird im Unterschied zu Deutschland weniger Kraft darauf verwendet, den unterschiedlichen Prestigewert eines Jobs zu bemessen. In den USA hat man entweder einen Job - und damit auch ein Stück Prestige, oder man hat keinen Job.

Für Arbeitslosigkeit wird man dort zuallererst selbst in die Verantwortung gezogen.

Während man in Deutschland noch hinter vorgehaltener Hand formuliert: „Der will wohl gar nicht arbeiten“, wird dies in den USA zu einem offenen Vorwurf.

Der Arbeitsmarkt wird ein fester Bestandteil der Show. Wer das Vermögen hat, sein „Allroundtalent“ anzupreisen, wird auf die Bühne gestellt. Alle anderen gehören zu dem Publikum, das Beifall spendet und selbst gerne dabei wäre.

Die Tücken dieser Show liegen auf der Hand:

Die Arbeit wird vom Sinn getrennt. Wichtig ist, in einem Boot zu sitzen, das möglichst langsam sinkt. Wer diesen Kampf um Arbeit für gerecht hält, vergisst, dass in den Booten nur begrenzter Platz geboten wird.

(...)

Eine Alternative wäre ein Arbeitsmarkt, der alle Fähigkeiten honoriert.

Ein Arbeitsmarkt, auf dem nicht der Schnellste gewinnt, sondern das olympische Motto: „Dabeisein ist alles!“ zählt.

Dafür müsste man sich jedoch von dem Diktat gewisser Spielregeln lösen.

Der „Glücksspielautomat Arbeitsmarkt“, darf nicht mehr auf Zufall eingestellt sein. Jeder Mensch ist mit seinen Fähigkeiten qualifiziert und spielt nicht mehr um den Gewinn einer Arbeit, sondern findet die Akzeptanz in einer Gesellschaft, die den Wert nicht in Geld, sondern in persönlichem Wert bemisst.